Mein großer Wunsch

Was für eine Musik, sie geht mir durch Mark und Bein. Das letzte Mal, das ich klassische Musik hörte, live, war schon eine lange Zeit her.

Es war an einem Winternachmittag. Wir, Peter und ich, saßen bei einer Tasse Kaffee zusammen und schwelgten in alten Kinder- und Jugenderinnerungen. Er  in seinen und ich in meinen. Jeder erzählte dem anderen kleine Episoden daraus.

Plötzliche kam mir in Erinnerung, dass, seid dem ich 26 Jahre alte bin, es mein großer Wunsch ist, einen Abend in einer Piano-Bar zu verbringen. Dem Pianisten ganz nahe sein, ihm beim Spielen zu beobachten, die Körperhaltung, die Mimik, die Gestik, seine Hände, die Energie spüren. Ich sitze dabei bequem in einem Sessel, habe ein Glas Wein oder Prosecco in der Hand, ab und zu stecke ich mir eine Olive zwischen die Zähne und kaue genüsslich. Mein Kleid ist nicht elegant aber schon besonders.

Ich spürte diesen Wunsch plötzlich wieder ganz stark. Einem Impuls folgend, öffnete ich den Laptop und googelte „Piano-Bar“. Tja, es gab schon einige, aber nicht in der Nähe. Sie hatten auch weder jetzt noch heute geöffnet. Die Suche ging weiter. Immer wieder tauchte die Kleinkunstbühne WAT auf. Sie wurde fast schon aufdringlich.

Gut, dachte ich, dann schaue ich mal genauer hin. Mein Herz machte einen Hüpfer. Heute Abend, also in drei Stunden, gab es dort einen Klavierabend mit den Stücken von….ach egal, kannte ich mich doch damit gar nicht aus, aber das war es.

Die gemütliche Kaffeerunde war vorbei, mein Mann fast schon ein wenig überfordert. Es ging alles relativ schnell. Ich telefonierte vorab bei der Kleinkunstbühne  und informierte mich über Platzreservierung, Einlass und Dauer des Konzertes.

Schnell geduscht und frisiert. Die Kleidung war leger. Eine Stunde vorher mussten wir an der Kasse sein, da es keine Platzreservierungen gab. Ich wollte ganz vorne sitzen, am besten in der ersten Reihe.

Mit meiner Hibbeligkeit, meiner Vorfreude, verwirrte ich Mann, Kind und Hund.

Dann war es endlich soweit, durchgestylt gingen wir die Straße 15 Minuten gerade aus und waren am Ort der Verwirklichung meines Traumes angekommen.

Ich saß in der ersten Reihe, auf einem einfachen Holzstuhl, in meiner Hand ein Glas Mineralwasser, aber egal.

Als die große Beleuchtung ausgeschaltet wurde, gab es nur noch Kerzenschein , von einigen Kerzen in der Nähe des Klaviers.  Der Klavierspieler betrat die Bühne, setzte sich auf den Klavierstuhl, konzentrierte sich und griff in die Tasten….

Was für eine Musik, sie ging mir durch Mark und Bein. Das letzte Mal, das ich klassische Musik hörte, live, war schon eine lange Zeit her.

© Bettina Dennison-Wlodek